Heute ist in der Thüringer Allgemeine meine Forderung nach einem Rücktritt der SPD-Minister aus der Landesregierung abgedruckt wurden.
Dazu möchte ich hier ein Statement abgeben.
1. Mit der Absage der Neuwahlen ist eine neue Vertrauenskrise der Wähler:innen in die Politik entstanden. Diesmal verantwortet durch Linke und Grüne. Die SPD ist mittelbar auch verantwortlich.
2. Politische Alternativen zur Neuwahl gibt es nicht. Rot-Rot-Grün fehlt die Mehrheit. Sollte es zur Zusammenarbeit von Linken und CDU kommen, braucht es keine Beteiligung der SPD.
3. Nach allen Bekräftigungen muss die SPD Taten folgen lassen. Am Ende aller Möglichkeiten muss auch der Rücktritt aus der Regierung erwogen werden.
4. Der Glaubwürdigkeit der SPD ist ein Schaden zugefügt wurden.
Die vier genannten Punkte etwas ausführlicher:
Für mich waren die Ereignisse vom 5. Februar 2020 ein Schock. Die Wahl Kemmerichs durch die AfD war für mich ein verheerendes politisches Signal.
Die CDU, die Linke, die Grüne und meine Partei, die SPD, haben sich schnell auf vorzeitige Neuwahlen des Landtags geeinigt. Um den seit der Wahl im Oktober bestehenden Stillstand zu beheben, einigten sich die vier Fraktionen auf eine Neuwahl im April diesen Jahres.
Durch die weiter anhaltende Pandemie wurde zu Beginn des Jahres vereinbart, den Stabilitätspakt bis 30.06. zu verlängern und die Neuwahl des Landtags gleichzeitig zur Bundestagswahl stattfinden zu lassen.
Das waren wichtige und richtige Entscheidungen für unser Land!
Stets galt das Motto "aufgeschoben ist nicht aufgehoben" und so hat auch die SPD immer wieder betont, wie wichtig die Neuwahl für unser Land ist. In internen Mitteilungen, bei öffentlichen Veranstaltungen und auch auf Kreis- sowie Landesparteitagen wurde die Notwendigkeit bekräftigt. Die Kernaussage lautete fortwährend "Mit der SPD wird es Neuwahlen im September 2021 geben!"
Nun war bereits länger bekannt, dass vier Abgeordnete der CDU nicht für eine Auflösung stimmen würden. Die FDP wollte sich enthalten und so zumindest einen Teil ihrer Integrität nicht wiederherstellen. Zwei Abgeordnete der Linken erklärten wenige Tage vor der Abstimmung dem Antrag doch nicht zustimmen zu wollen und kurz vor knapp wollten die Grünen auch nicht mehr. Über die Gründe, warum die Parteien so agierten kann viel spekuliert werden. Kritisiert wurden sie dafür auch zu einem großen Teil. Ich bin nicht Mitglied einer der genannten Parteien, weswegen sich meine Kritik auch nicht an diese, sondern an die SPD wendet.
Denn das was hier passiert ist, ist aus meiner Sicht reichlich widersprüchlich.
Plötzlich ist der Vorsitzende der SPD-Fraktion bei der Pressekonferenz dabei.
Plötzlich wird die Entscheidung von Linken und Grünen als richtige Entscheidung gewertet.
Übers Wochenende erarbeiten unsere Funktionäre einen Plan, wie es aus Sicht der SPD weitergehen soll.
Dieser wird dann in einer eiligst einberufenen Landesvorstandssitzung diskutiert, um einen Punkt ergänzt und beschlossen.
Ja, ich hätte mich dazu nicht äußern brauchen und die Entscheidung des Landesvorstands hinnehmen können. Auch gab es Genoss:innen, die genau das von mir verlangt haben.
Warum habe ich es trotzdem gemacht?
Die Überwindung der Thüringer Regierungskrise sollte ihr Ende in einer Neuwahl finden. Genau deshalb war es uns als SPD eine Herzensangelegenheit für diese Neuwahlen zu streiten und auf sie hinzuwirken. Nur so hätte ein Neuanfang gelingen können.
Umso irritierender scheint der plötzliche Meinungswandel. Man wolle jetzt bis 2024 irgendwie versuchen weiter zu machen.
Statt ernsthafte Konsequenzen aus dem Desaster auch nur zu erwägen, steht bereits fünf Tage später fest, konträr zu dem was man die letzten 1 1/2 Jahre gefordert hat zu handeln.
Die diese Woche veröffentliche Umfrage, bei der die Thüringer mehrheitlich für Neuwahlen plädierten, wird sogar von der Landespartei als Bestätigung des eigenen Kurses betrachtet. Also was nun? Ja zu Neuwahlen oder Ja zum Weitermachen bis 2024? Beides gleichzeitig funktioniert nicht. Wie widersprüchlich will man eigentlich noch handeln?
Die gerne zitierte politische Verantwortung, die das notwendig mache, sehe ich dabei nicht:
1. Rot-Rot-Grün fehlt nach wie vor eine Mehrheit.
2. CDU und FDP haben klar gemacht, dass es keine Zusammenarbeit mit Rot-Rot-Grün geben wird.
3. Mit der AfD will richtigerweise keiner zusammenarbeiten.
Schon nur die Haushaltsdebatte wird daher schwierig werden. Für einen Haushaltsbeschluss sehe ich keine realistische Chance. Weitere Gesetzgebungsverfahren wird es auch nicht geben.
Sollte Bodo Ramelow seinen Wunsch nach "wechselnden Mehrheiten" erfüllen, so wird er eher mit der CDU zusammenarbeiten als mit der FDP. Er würde sich zum Teil auch dem Willen der CDU-Fraktion unterwerfen, wenn dadurch abgesichert ist, dass er eine Mehrheit hat. Bei dieser Variante wäre die SPD machtlos. Union und Linke sind nicht auf unsere Regierungs- und Fraktionsmitglieder angewiesen.
Egal was passiert, die SPD ist so oder so machtlos. Entweder aufgrund der fehlenden R2G-Mehrheit im Parlament oder weil Ramelow andere Mehrheiten sucht und findet. Wer ernsthaft der Meinung ist, der SPD komme dabei eine entscheidende und wichtige Rolle zu ist im besten Fall gutgläubig, im schlimmsten leider naiv.
Linke und Grüne haben mit ihrer Entscheidung nicht abstimmen zu wollen eine weitere Vertrauenskrise der Politik verursacht. Dass die SPD hier mitmacht, macht sie auch dafür mitverantwortlich.
Die SPD hätte die Chance gehabt, ihren Worten der vergangenen 17 Monate Taten folgen zu lassen. Stattdessen erweist sie sich als mutlos im politischen Machtbereich verharrende Partei.
Für mich, der wie jedes Mitglied und als Kreisvorsitzender in besonderer Weise, die Partei nach außen vertritt, für sie wirbt und kämpft, ist es wichtig den Mund aufzumachen. Deutlich zu machen, dass ich den jetzt eingeschlagenen Weg für falsch halte. Ich bin der Überzeugung, dass er der Partei in der öffentlichen Wahrnehmung schadet und weiteren Stillstand für unser Land bedeutet. Mit dieser Meinung, die Georg Maier als „zu respektierende Einzelmeinung“ wertet, stehe ich zum Glück nicht alleine.